Datum: 27.03.2012

TCO spielte Mozart

Den Hinweis auf die Mikrofone in der Kirche, die das Konzert aufnehmen sollten, hatten die Zuhörer wahrscheinlich längst vergessen. Jedenfalls applaudierten sie spontan nach jedem der fünf Sätze dieser 16. Sinfonie von Betin Günes, die am Sonntagabend uraufgeführt wurde. Gewidmet hat sie der Komponist der Christuskirche, die seit Januar Probenort für sein Turkish Chamber Orchestra ist.

 

Günes dirigierte sein neues Werk und setzte sich zwischendurch schnell an den Flügel, um selbst den Klavierpart zu spielen. Dem hat er in diesem Stück keine Solofunktion zugedacht, sondern es als weitere Klangfarbe dem für ein Kammerorchester ohnehin schon farbigen Sound hinzugefügt.

 

Drei Musiker am Schlagzeug

 

Acht verschiedene Blasinstrumente hat er dort versammelt, die bei gleichzeitigem Einsatz gegenüber dem vergleichsweisen leisen Streicherklang dominieren. Eine weitere Nuance kam von der Harfe. Besonders wichtig ist dem Musiker, der in Istanbul, aber schon seit mehr als 30 Jahren in Köln zu Hause ist, das Schlagzeug. Deswegen waren dort auch bis zu drei Musiker gleichzeitig im Einsatz, um seiner deutlich von der reichen orientalischen Rhythmik geprägten Musik zur entscheidenden Durchschlagskraft zu verhelfen. Die taugt für ganz großes Kino, das mancher Zuhörer vielleicht vor dem großen Auge hatte.

 

Zu großer Dynamik steigerte Günes eigentlich jeden seiner fünf Sätze, von denen besonders der letzte auf Melodik setzte. Die Musik lebt von immer neuen Ideen, die das international besetzte Kammerorchester ausgesprochen engagiert und spielfreudig vermittelte.

 

Kulturen verbinden

 

Ungewohnte Hörerfahrungen machte man an diesem Abend nicht nur bei Günes' eigener Komposition oder beim Eingangsstück "Inspiration" seines Landsmannes Ferit Tüzün. Auch Georges Bizets C-Dur-Sinfonie klingt anders, wenn Betin Günes den Taktstock hebt  und mit seiner von Bläsern dominierten Besetzung interpretiert. Manches wirkt härter, zumal er die Streicher kraftvoll zupacken lässt, wenn sie sich die Theman zuspielen. Jedenfalls da, wo eine transparente Stimmführung zum Prinzip erhoben wurde. Und besonders liebevoll wurde das lyrische Oboen-Solo im zweiten Satz hervorgehoben. Mozart hätte sein Vergnügen gehabt, wenn er erlebt hätte, wie das Turkish Chamber Orchestra seine vertraute Musik an den Bosporus transportierte.

 

Die Musiker hatten offensichtlich selbst ihren Spaß an dieser Bearbeitung ihres Dirigenten, der damit sein großes Anliegen hörbar machte: Kulturen, Religionen und Menschen unterschiedlicher Herkunft zu verbinden. Dazu diente auch dieses Konzert mit dem türkischen Generalkonsul aus Köln neben dem gastgebenden evangelischen Pfarrer.

 

Monika Klein, Rheinische Post