Datum: 27.03.2012

Ein grenzenloses Hörvergnügen

Das Turkish Chamber Orchestra mit Betin Günes in ansteckender Spiellaune.

 

Ein Funkeln und Blitzen: Der Komponist Betin Günes hat in seiner 15. Sinfonie ein musikalisches Feuerwerk gezündet. Sprühend und spannungsgeladen - Klänge, die jeden Film, der zu einem abenteuerlichen Ausflug ins All aufbricht, ausschmücken und begleiten könnten.

 

Es ist ein Stück, das die Zuhörer packt. Und das auf Kirchenbänken. Doch Betin Günes, der Dirigent und Gründer des "Turkish Chamber Orchestra", hat seine 16. Sinfonie einer Kirche gewidmet, der Christuskirche in Wiesdorf, der Stadtkirche von Leverkusen.

 

Es ist der Dank an die evangelische Gemeinde. Denn in dieser Kirche durfte das international besetzte Orchester proben. Dort hatten sich die Türen zu einem Haus der Kulturen, zu einem Haus der Gastfreundschaft und zu einem Haus der Integration geöffnet. Auf dieses Ereignis wiesen alle drei Festredner hin, als Günes' Sinfonie zum allerersten Mal am Sonntag erklang: Der türkische Generalkonsul Mustafa Kemal Basa, der Hausherr Pfarrer Detlev Prößdorf und Sozialdezernent Frank Stein lobten an diesem Ort die Idee zur Musik, die keine Grenzen kennt. Das türkische Kammerorchester wiederum machte das Konzert für die Zuhörer zum grenzenlosen Hörvergnügen.

 

Wie aus dem Nichts

 

Dank Betin Günes, der es versteht, Musik als Bilder in der Phantasie der Zuhörer entstehen zu lassen. Er nutzt das Kolorit der Instrumente; er kombiniert die Percussionklänge des Orients mit den Paukenschlägen des Okzidents; er setzt die Holz- gegen die Blechbläser; und wie aus dem Nichts taucht plötzlich eine Art Choralmelodie auf, eine Anspielung an den Raum. Oder er setzt sich ans Klavier, lässt Läufe perlen, die die Flöte oder die Bratsche aufnehmen.

 

Günes arbeitet mit Klangfächer, die er schichtet oder reiht. Das klingt ausgesprochen kurzweilig. Die Musikerinnen und Musiker, allen voran die ausgezeichneten Holzbläser und Schlagzeuger, meistern diese kurzfristigen Einsätze, sportlichen Höchstleistungen nicht unähnlich. Der aufgeraute, manchmal etwas burschikose Streicherton ist in den tänzerischen Momenten am besten aufgehoben, wie etwa im Scherzo der ersten Sinfonie von Georges Bizet. Denn auch ein Stück aus dem klassischen Kanon gehörte zum Programm.

 

Musik kennt keine Grenzen: Betin Günes schickte Wolfgang Amadeus Mozart kurzerhand an den Bosporus. Er reicherte Takte aus der "Kleinen Nachtmusik" und aus der C-Dur-Sonate, die jeder kennt, der sich in die Obhut eines Klavierlehrers begeben hat, mit rhythmischen Xylophon-Finessen an. Mozart war für solche Späße zu haben - wie auch die Zuhörer in der Christuskirche.

 

Ingeborg Schwenke-Runkel, Kölner Stadt-Anzeiger